Kapitulierte der Rechtsstaat trotz Bedrohung der Staatsanwaltschaft? Linksfraktion fordert Aufklärung!
Erstellt am: 28 April, 2017 | Kommentieren
Am Anfang dieser Woche stellte das Amtsgericht Kamenz das Strafverfahren gegen vier Männer, die 2016 einen psychisch kranken Flüchtling nach einem verbalen Streit mit einer Kassiererin aus einem Arnsdorfer Supermarkt gezerrt und ihn mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt hatten, ohne Verhandlung zur Sache ein. Deshalb waren sie wegen Freiheitsberaubung angeklagt.
Diese folgenlose Einstellung, die nach § 153 StPO voraussetzt, dass die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und dass ein öffentliches Interesse an der Verfolgung nicht besteht, erfolgte offensichtlich mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Der MDR berichtet nun, dass der zuständige Staatsanwalt wenige Tage vor dem Gerichtstermin auf dem Heimweg verfolgt, beleidigt und schriftlich mit dem Tode bedroht worden sei.
Dazu erklärt Klaus Bartl, Sprecher der Linksfraktion für Verfassungs- und Rechtspolitik:
Diese Verfahrenseinstellung ohne Tataufklärung erteilt de facto dem im Raum stehenden Vorgehen der Selbstjustiz einen Freibrief. Die Hintergründe dieser Entscheidung, die eine fatale Signalwirkung entfalten kann, müssen aufgeklärt werden. Die nun bekanntgewordene Bedrohung des Staatsanwalts, ohne dessen Zustimmung ein Ende des Prozesses gesetzlich unmöglich gewesen wäre, nährt umso mehr den Eindruck, dass der Rechtsstaat vor dem Wutbürgertum kapituliert hat.
Schon der Verdacht, dass Furcht und Verunsicherung diese Entscheidung beeinflussten, trifft den Rechtsstaat ins Mark. Deshalb kann der Landtag bei allem Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit nicht stumm bleiben. Schon gar nicht kann die Staatsregierung tatenlos zusehen.
Es handelte sich beim Fall Arnsdorf eben offensichtlich nicht um eine harmlose, durch geltendes Recht gedeckte Aktion „zivilcouragierter“ Bürger, die das durch jahrelange CDU-Kürzungspolitik in der Tat geschwächte staatliche Gewaltmonopol ausfüllten.
Wir werden jetzt unverzüglich einen Antrag einreichen, der die Staatsregierung auffordert, den Rechtsausschuss des Landtages schon in seiner nächsten Sitzung am 3. Mai detailliert und vollständig über die Geschehensabläufe im Vor- und Umfeld dieser Gerichtsverhandlung vom 24. April vor dem Amtsgericht Kamenz zu informieren.
Dabei geht es insbesondere um die Aufklärung der direkten Betroffenheit, der Handlungen und Erwägungen der Staatsanwaltschaft als zuständiger Anklagebehörde.
Schlagwörter: Demokratie > Fraktion DIE LINKE.Sachsen > Rechtsstaat
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