Ein neues Vergabegesetz für Sachsen!
Erstellt am: 8 November, 2012 | Kommentieren
Die letzte Aktualisierung des sächsischen Vergabegesetzes erfolgte mit Wirkung zum 01.01.2003.
In der Zwischenzeit hat sich die Welt weitergedreht – global, im Bund und auch in Sachsen.
Mittlerweile ist jedem, der es wissen will, bekannt, dass Dumpinglöhne, geringfügige Beschäftigung oder Leiharbeit mit Stundenlöhnen unter 8,50 Euro zu Altersarmut führen. Ebenso klar ist auch, dass immer noch öffentliche Aufträge ohne soziale, ökologische oder Gleichstellungskriterien vergeben werden, dass bislang kaum Sanktionen gegen Auftragnehmer bei Verstößen gegen Arbeitsnormen möglich sind.
All dies rechtfertigt die Neufassung des sächsischen Vergabegesetzes. Der DGB und die Fraktionen DIE LINKE und SPD begannen daher schon vor reichlich einem Jahr eine Diskussion zur Novellierung dieses Gesetzes. Jetzt liegt der Entwurf vor und wird vom DGB mit einer Aktion unter dem Motto „Billig kommt teurer“ begleitet.
Auszugsweise möchte ich die wichtigsten Vorschläge vorstellen. Neben der Forderung nach Tariftreue und der Beachtung eines Mindestentgeltes von 8,50 Euro pro Stunde in den Betrieben der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer bei öffentlichen Aufträgen (als ersten Schritt, 10 Euro bleiben weiterhin das Ziel) halten wir es für geboten, dass Kriterien für eine umweltverträgliche Auftragsausführung sowie internationale Kernarbeitsnormen bei der Vergabe gelten müssen. Das wären beispielhaft die Berücksichtigung von vollständigen Lebenszykluskosten eines Produktes beziehungsweise einer Dienstleistung oder die Beachtung des Mindestalters für die Zulassung von Beschäftigung, aber auch der Nachweis, dass der Bieter Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie durchführt.
Die Frage der Kontrolle und der Sanktionsfähigkeit im Vergabeverfahren löst immer wieder Diskussionen in den Kommunalvertretungen aus. Auch hier macht der Gesetzesentwurf Vorschläge. Neben der Formulierung anspruchsvoller Inhalte eines Vergabeberichtes ist vor allem die Nachprüfung von Vergabeverfahren notwendig. Unabhängig von Schwellenwerten soll für alle Auftragsvergaben eine leistungsfähige staatliche Kontrolleinrichtung geschaffen werden, die beauftragt wird und in der Lage ist, die öffentliche Vergabepraxis sowie die Einhaltung der festgelegten Regelungen effektiv zu überwachen, um ihre Einhaltung sicherzustellen.
In vielen Positionen unterscheiden wir uns deutlich von den Vorstellungen der regierungstragenden Parteien. Sie wollen unter dem Deckmantel, dass vergabefremde Aspekte wie soziale, innovative und umweltbezogene Kriterien nichts im Vergabegesetz zu suchen hätten, die bisherige Vorgehensweise bei der Auftragsvergabe beibehalten. Damit ist zumeist der billigste Anbieter auch der wirtschaftlichste. Dabei ist den Kolleginnen und Kollegen von der schwarz-gelben Koalition offensichtlich entfallen, dass sich der vermeintliche Standortvorteil gerade ins Gegenteil verkehrt. Junge flexible Menschen, in der Mehrheit leider auch Frauen, verlassen das Land Sachsen, weil sie eben in anderen Bundesländern mehr Geld verdienen können. CDU und FDP wollen sogar die Obergrenze für die freihändige Vergabe auf 25.000 Euro anheben, ebenso soll die Herbeibringung einer Bankbürgschaft erst ab einer Auftragssumme von 250.000 Euro verlangt werden.
Beides sind Instrumente, die sowohl die Beteiligung der kommunalen Ratsvertreter schwächen als auch riskant für die Kommunen sind. Der von LINKEN und SPD vorgelegte Gesetzesentwurf ist eine moderne, zukunftsweisende Grundlage, die auch den sächsischen Mittelstand stärkt, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auskömmliche Löhne garantiert und die nachhaltig wirksame Wertungsmaßstäbe bei der Auftragsvergabe formuliert.
Jana Pinka, Sprecherin für Umwelt- und Technologiepolitik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
Schlagwörter: Fraktion DIE LINKE.Sachsen > Vergabegesetz > Wirtschaft
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