Entscheidung zum Bestattungswald Kamenz – SZ berichtet
Erstellt am: 16 August, 2016 | Kommentieren
Die Stadt Kamenz war Vorreiter im Raum Dresden und Ostsachsen, ist aber mittlerweile überholt worden.
Im Friedewald in Coswig wird der erste Bestattungswald in der Region auf reineweg privater Basis bereits eingerichtet (die SZ berichtete mehrfach), während die Lessingstadt noch immer Vor- und Nachteile abwägt.
OB Roland Dantz: „Wenn wir auf eigenem Grund und Boden eine geeignete Waldfläche gehabt hätten, wär das Thema längst durch.“ Bereits im Januar 2015 hatte eine Bürgerinitiative mehr als 900 Unterschriften von Leuten vorgelegt, die für diese alternative Beerdigungsform eintraten und damit letztlich dem Stadtrat einen Diskussionsauftrag erteilten. Seitdem wurde mehrfach beraten – bislang noch ohne Entscheidung in der Sache. OB Dantz: „Im September soll es nun ein Dafür oder ein Dagegen geben.“ Er selbst plädiere klar für den Bürgerwunsch, könne aber auch mit jedem anderen Votum leben.
Die Schwierigkeit der Kamenzer Verhältnisse sind nicht etwa fehlende Bäume, in deren Wurzelwerk die Urnen gelegt werden können. Ganz im Gegenteil, die Stadt gehört zu den größten kommunalen Waldbesitzern im sächsischen Forst. Allerdings wurde man nur auf der Gemarkung der Gemeinde Haselbachtal fündig, wo die Stadt unter anderem in der Nähe des Tiefentals bei Reichenau passende Laubwaldflächen besitzt. Da sich für eine solche alternative Bestattungsform gegenwärtig nur etwa drei bis fünf Prozent der Menschen erwärmen können, muss das Einzugsgebiet eh weiträumig gesehen werden.
Vorhaben zielt in die Oberlausitz
Nicht umsonst haben die Kritiker im Stadtrat ja auch das Vorhaben in Coswig durchaus als Konkurrenz zu den eigenen Kamenzer Bestrebungen ins Spiel gebracht. Die Luftlinie zwischen Reichenau und Coswig ist nicht viel länger als 25 Kilometer. Marion Junge (Linksfraktion), die sich von Anfang an für die Initiative eingesetzt hat, hält Kritik an der Größenordnung entgegen: „Für die Dresdner mag der kleine Privatwald bei Coswig eine Alternative sein, unser Vorhaben zielt weit in die Oberlausitz, wo es Derartiges bislang gar nicht gibt.“
Der Vorteil im Haselbachtal wäre, dass hier auf die geplanten 99 Jahre hin eine dreistufige Variante umsetzbar wäre. 13 Hektar in der ersten, und zwölf in der zweiten Stufe. „Sollte das Interesse noch größer sein, könnte noch mal auf zwölf Hektar extra für diesen Zweck Wald angepflanzt werden“, so Junge.
Kompromissvariante gefunden
Ein Streitpunkt der letzten Monate war das Modell des Kamenzer Bestattungswaldes. Zunächst wäre man selbst bzw. ein beauftragter Dritter der Betreiber, jetzt steht eher das sogenannte Pachtmodell im Fokus. „Das ist eine Kompromissvariante, für die sich eine Mehrheit im Stadtrat erwärmen könnte“, meint Junge. Damit werden die möglichen Einnahmen für die Stadt allerdings deutlich reduziert – wie auf der anderen Seite auch das Risiko. Bei der Verpachtung von Waldflächen für die Bestattung können je Hektar etwa 100 Euro pro Jahr erzielt werden. Die wirtschaftliche Betreibung selbst hielte natürlich weitere Einnahmenquellen bereit.
Wie am Ende der Stadtrat am 21. September auch entscheidet, das letzte Wort in der Frage hat eh die Gemeinde Haselbachtal. Ihre hoheitliche Aufgabe ist natürlich nicht die Betreibung eines „Friedhofes“ auf fremder Waldfläche. Sie würde diese Form der „kommunalen Daseinsvorsorge“ hier also vertraglich von der Stadt Kamenz übernehmen und dafür an den Pachteinnahmen beteiligt sein.
Von Frank Oehl / SZ Kamenz, 16.08.2016
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