Kommunalwahlrecht in Sachsen muss bürgerfreundlich gestaltet werden!
Erstellt am: 14 März, 2013 | Kommentieren
Meine Rede im Sächsischen Landtag zur 2. Lesung „Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vorschriften im Freistaat Sachsen“ der Staatsregierung Drs. 5/9491 am 13. März 2013
Der vorliegende Gesetzentwurf ist das Ergebnis der Auswertung der Kommunalwahlen 2009 in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden.
Aus der Sicht des Städte- und Gemeindetages und des Landkreistages wurde das Kommunalwahlrecht in Sachsen maßvoll fortentwickelt, mit dem Parlamentswahlrecht harmonisiert und an die Anforderungen der Praxis angepasst.
Die Vereinfachung der Briefwahl, die Dezentralisierung der Abgabe von Unterstützungsunterschriften bei Kreistagswahlen, die Anpassung der Fristen für die Einreichung der Wahlvorschläge, die Ausdehnung von Entschädigungsansprüchen sind sinnvolle und notwendige Änderungen.
Die Sachverständigenanhörung im Innenausschuss am 17. Januar 2013 verdeutlichte aber auch Mängel und Kritikpunkte des vorliegenden Gesetzentwurfes.
Meine Fraktion DIE LINKE hat die drei Hauptkritikpunkte aufgegriffen und setzt sich für folgende Änderungen ein:
Die kommunalen Spitzenverbände sprechen sich für die Freigabe der Sammlung von Unterstützungsunterschriften aus. Sie plädieren für die sogenannte Straßensammlung bei Kommunalwahlen, wie sie auch bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen üblich ist.
Die Einschränkung der Unterschriftensammlung auf die ausschließliche Sammlung in der Verwaltung stellt die Kommunen immer mehr vor Schwierigkeiten bei der praktischen Realisierung. So entstehen immer wieder Konflikte durch die zeitliche Einschränkung für die Unterschriftsabgabe durch eingeschränkte Öffnungszeiten der Verwaltung.
Durch Gemeindezusammenschlüsse werden Verwaltungen in den unselbständigen Gemeinden häufig abgebaut, so dass der Aufwand für den Bürger zur Stimmabgabe immer größer wird und der Erfolg für den Bewerber/in geringer.
Die Straßensammlung von Unterstützungsunterschriften bei Kommunalwahlen ist eine echte Erleichterung für die Bewerber und die Unterstützer der Wahlvorschläge und sollte deshalb im vorliegenden Gesetz verändert werden.
Die zweite Forderung aus der Anhörung nach einer klaren Positionierung zur Stichwahl bei der Wahl von Bürgermeistern und Landträten ist im vorliegenden Gesetzentwurf auch nicht berücksichtigt worden.
Meine Fraktion DIE LINKE unterstützt das Anliegen zur Einführung des Stichwahlentscheids zwischen den beiden bestplatzierten Bewerbern des ersten Wahlganges.
Für die Wähler/innen ist eine Stichwahl im zweiten Wahlgang interessanter und übersichtlicher als die gegenwärtige Neuwahl.
Die vorgeschlagene Änderung stellt eine auch in anderen Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz) erfolgreich praktizierte Vereinfachung des Wahlverfahrens für Bürgermeister und Landräte dar.
Deshalb kann ich nicht verstehen, dass die CDU/FDP-Koalition dies eventuell später regeln will, mit der schon seit Jahren angekündigten Novelle des Kommunalverfassungsrechts. Seit 2009 wird an den Änderungen kommunalwahlrechtlicher Vorschriften im Freistaat Sachsen gearbeitet, so die Aussagen vom SSG. Drei Jahre später werden solche wichtigen Entscheidungen wieder auf den „Sankt-Nimmerleins-Tag“ verschoben.
Auch das Problem der Scheinkandidaturen bei der Wahl zum Gemeinderat muss rechtlich gelöst werden. Es gibt Fälle in Sachsen, wo Bürgermeister für den Gemeinderat kandidiert haben, die meisten Stimmen von allen Bewerbern bekamen und dadurch mehrere Kandidaten auf der Wahlliste in den Gemeinderat einzogen. Der Bürgermeister konnte aufgrund seines Amtes das errungene Gemeinderatsmandat nicht annehmen, aber die Mehrheitsverhältnisse haben sich im jeweiligen Gemeinderat gravierend verschoben.
Zur Erschwerung dieses als Scheinkandidatur bezeichneten Wahlbetrugs schlagen wir LINKE folgende Änderung (Artikel 3 Abs. 3) vor: „Ein Bewerber, dessen Wahl eine Unvereinbarkeit von Amt und Mandat nach §32 Abs. 1 Nr. 1 SächsGemO begründen würde, hat dem Wahlvorschlag eine rechtlich nicht bindende Erklärung darüber beizufügen, ob er im Falle seiner Wahl beabsichtigt, das Mandat als Gemeinderat anzunehmen oder sein Amt weiterzuführen.“
Durch die vorgesehene Abgabe und Veröffentlichung dieser Absichtserklärung soll das Auftreten von Scheinkandidaturen zurückgedrängt werden. Die Bürger/innen erhalten rechtzeitig die Information über bestehende Hinderungsgründe einer Mandatsübernahme des Bewerbers und können ihr Wahlverhalten entsprechend ausrichten.
Natürlich gab es noch weitere Vorschläge in der Sachverständigenanhörung und im Referentenentwurf zur Verhinderung von Scheinkandidaturen. Diese Vorschläge sollten geprüft werden.
Deshalb haben wir von der Koalition nach der Anhörung erwartet, dass sie die wichtigen Themen im Kommunalwahlgesetz anpacken und die Hauptkritikpunkte wenigstens ansatzweise versuchen zu ändern. Das ist aber nicht der Fall!
Stattdessen verschlimmbessert die Koalition mit ihren Änderungen den Gesetzentwurf. In den Übergangsbestimmungen aus Anlass des Zensus 2011 sollen die Einwohnerzahlen von 1990 für die Kommunalwahlen 2014 angewandt werden. Die aktuellen Ergebnisse des Zensus werden laut Änderungsvorschlag der CDU/FDP nicht berücksichtigt. Das halten wir für nicht zeitgemäß und plädieren daher für die Anwendung der aktuellen Einwohnerzahlen zum 31.12.2012. Die Zensusergebnisse sind zeitnah anzuwenden!
Die Fraktion DIE LINKE lehnt aufgrund der geäußerten Kritikpunkte und des fehlenden Gestaltungswillen der Koalition den Gesetzentwurf mit seinen Änderungen ab.
Wir sind der Auffassung, dass die CDU/FDP- Koalition drei Jahre Zeit hatte, das Kommunalwahlrecht umfassend zu ändern und den Anliegen der Kommunen für Veränderungen des Verfahrens der Sammlung von Unterstützungsunterschriften, der Einführung des Stichwahlentscheids sowie das Problem der Scheinkandidatur zu lösen.
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