Lehrermangel hat langfristige Ursachen! Gemeinsam müssen wir endlich handeln!
Erstellt am: 29 August, 2014 | Kommentieren
Lehrer erscheinen nicht einfach, fallen nicht vom Himmel oder wachsen aus der Erde. Sie kommen nicht einfach, wenn man ob vieler Ausfallstunden, voller Klassen, baldigen Pensionierungen und, was bei der sächsischen Landesregierung am schwersten ins Gewicht fallen dürfte, anstehender Wahlen nach ihnen ruft. Eine Reihe von Ereignissen müssen zusammenkommen, damit ein Lehrer in unserem Schulwesen seine Tätigkeit aufnimmt.
Zunächst ist es notwendig, dass der spätere Lehrer einmal geboren wird. Handwerklich ist das Ganze kein Problem, da es sich nicht um seltenes Spezialwissen handelt und die entsprechenden Produktionsmittel im Allgemeinen durchaus vorhanden sind. Tatsächlich stellt man mit einem kurzen Blick auf die einschlägigen Statistiken aber fest, dass schon hier ein erster Knackpunkt vorliegt.
Scheinbar mangelt es in einem Land, in dem ein Kind faktisch ein soziales Risiko darstellt, an dem Willen, Kinder in die Welt zu setzen. Der einfache Beobachter könnten hier auf den Gedanken kommen, dass mangelnde soziale Sicherheit durch massenweise Befristung, Leiharbeit und niedrige Sozialleistungen die Lust am Kinderkriegen dämpfen.
Nehmen wir aber einmal an, eine junge Familie hat sich davon nicht abschrecken lassen und ein Kind in die Welt gesetzt, das einmal Lehrer werden könnte. Nehmen wir einmal an, dass sie trotz Mangel an Kita-Plätzen, Schichtarbeit und stagnierendem Einkommen das Kind bis zur Einschulung eine gute Entwicklung genommen hat.
Es ist jetzt in der Schule. Nun passiert es, das der Hauptverdiener der Familie arbeitslos wird und eine neue Stelle in einem anderen Bundesland annehmen muss. Das Kind wird nun mit dem Schul- und Lehrplan eines der anderen 15 Bundesländer konfrontiert und muss sich nun entweder den Stoff noch einmal anhören oder verpasst den Anschluss. Trotzdem ergattert es eine Bildungsempfehlung für eine höhere Schule. Vielleicht wird in dem entsprechenden Bundesland etwas weniger sozial ausgesiebt, als in anderen Ländern. Fortan verlängert sich der Schulweg um bis zu 2 Stunden täglich, weil der Schulnetzplan des jeweiligen Landes das für zumutbar hält. Schließlich kostet ein dichteres Schulnetz mehr Geld.
Da sitzt also der Lehrer in spe 2 Stunden täglich in einem Bus, eine für Kinder sicher verlockende Vorstellung. In diesen zwei Stunden kann es weder Hausaufgaben machen, noch Vereinsaktivitäten nachgehen. Wozu das führt kann man an den vielen dörflichen Sportvereinen sehen, die keine Jugendabteilung mehr haben.
Das Kind macht nun seinem Abschluss und ist mit der Frage konfrontiert, welche Laufbahn es einschlagen soll. Natürlich könnte es eine Lehre antreten, aber es entscheidet sich trotz der Aussicht auf unbezahlte Praktika und einer eher schleppenden Bearbeitung von BAföG-Anträgen für das Lehramtsstudium. Es trifft auf ein Ausbildungssystem, in dem es an Betreuern fehlt, weil zu wenige davon eingestellt werden können, diese immer wieder wechseln, weil sie nur durch befristete Verträge gebunden sind und praktische Aspekte der angestrebten Tätigkeit erst sehr spät auftauchen.
Nun sucht der angehende Lehrer nach einer Stelle für sein Referendariat. Im schönen Sachsen musste er dafür einen Notendurchschnitt über 2,0 haben, hat er aber nicht. Also findet das Referendariat in einem anderen Bundesland statt. Er lernt dort das Schulwesen kennen und knüpft erste Kontakte mit Kollegen. In besagtem Bundesland werden Lehrer besser bezahlt als in Sachsen. Das trifft übrigens auf alle anderen Bundesländer zu. Sie bekommen unbefristete Arbeitsverträge und werden teilweise sogar verbeamtet. Es ergeben sich also nicht wenige Gründe für den Lehrer, Sachsen den Rücken zu kehren und es bedarf gewaltiger Anreize, ihn wieder zurückzuholen.
Der Lehrermangel ist in Sachsen hausgemacht. An keiner der genannten Stationen hat sich der Freistaat konsequent um eine konkrete Lösung bemüht oder gar verdient gemacht. Nach wie vor haben wir selbst im öffentlichen Dienst eine Vielzahl von Befristungen, nach wie vor tun die Regierungsparteien nichts, um prekären Beschäftigungsverhältnissen Einhalt zu gebieten und stellt damit die Zukunft von Millionen jungen Mitbürgern in Frage. Nach wie vor bestehen die Lücken im Schulnetz, die lange Anfahrtswege verursachen.
Nach wie vor unternimmt man keine Initiative, um den deutschen Flickenteppich im Bildungswesen zu beseitigen. Nach wie vor wird an den Universitäten das Personal zusammengestrichen, weil die Mittel fehlen. Nach wie vor sind die Lehrer in Sachen die schlechtbezahltesten in ganz Deutschland. Und nach wie vor feiert sich eine sächsische Regierung dafür, notwendige Ausgaben für all das nicht getätigt zu haben, notwenige Initiativen nicht ergriffen zu haben und verspielt damit wichtiges Potenzial für unser Sachsen und die Perspektiven für viele Menschen.
Es wird Zeit, dass sich die Menschen ihre Chancen wieder zurückholen. Am 31. August an der
Wahlurne ist dazu eine gute Gelegenheit.
Richard Eichhorn
Schlagwörter: Bildung > LINKEs Bürgerbüro in Kamenz > Politikwechsel
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