Meine erste Rede im Sächsischen Landtag, 9.12.2009
Erstellt am: 13 Dezember, 2009 | Kommentare deaktiviert für Meine erste Rede im Sächsischen Landtag, 9.12.2009
Rede von MdL Marion Junge zum Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drs 5/495 „Konzept der Staatsregierung zur Kompensation der drastischen Einnahmeverluste der Kommunen infolge der Wirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise (Kommunalfinanzkonzept)“
(Auszug Protokollmitschrift)
Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Abgeordneten!
Sachsens Kommunen geht das Geld aus. Wir merken das auf kommunaler Seite, wenn wir in den Stadträten, in den Kreistagen heute schon miteinander debattieren und uns letztendlich die Entwicklung für die nächsten Jahre anschauen.
Ich will das weniger aus finanzpolitischer, aus Zahlensicht sehen, sondern als 19 Jahre lang wirkende Stadträtin und stellvertretende Oberbürgermeisterin einer Stadt, die letztendlich in der Entwicklung des Kreises und auch der betroffenen Kreise schon wahrnimmt, dass es eben nicht bloß Feststellung ist, das Finanzausgleichsgesetz reicht aus, sondern es müssen letztendlich Handlungsmaßnahmen kurzfristiger, mittelfristiger Art und Weise seitens des Landes in Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden möglich sein, um diese akute Finanzlage in den nächsten Jahren gemeinsam mit den Kommunen abzubauen.
Da kann man nicht so tun, sehr geehrte Herren und Damen der CDU und der FDP, dass man das Problem im Wesentlichen auf die Finanzsituation, auf die – sage ich mal – technische Situation bezieht, sondern man sollte schon aktuell die Meldungen vernehmen, die uns als Politiker tagtäglich begegnen.
Ich nehme sie ernst. Ich zitiere einmal aus einigen Meldungen: „OB Baumann will Rathaus verkaufen“. Es ist egal, wie es dazu gekommen ist. Diese Entwicklungen sind ja von Ihnen begleitet worden. Das war eine Meldung vom 30.11. aus der „Morgenpost“. Eine weitere: „Brückenbauprojekt in Chemnitz in Gefahr“ von der „Freien Presse“ am 1. Dezember. „Nordsachsen steht das Wasser bis zum Hals“, das haben wir schon in mehreren Redebeiträgen gehört, „Freie Presse“, 2. Dezember. Oder vom gestrigen Tag: „Schlechte Noten für Brücken“.
Das sind alles Probleme, die die Kommunen betreffen und wo Hilferufe aus den jeweiligen Landkreisen, Städten und Gemeinden an uns Politiker gesendet werden. Da können wir nicht sagen: Das vernehmen wir nicht. Wir sehen hier keinen Handlungsbedarf.
Weil wir das so sehen, fordern wir, gemeinsam mit den Spitzenverbänden ein kommunales Finanzkonzept zu erarbeiten. Was ist daran schlecht?
Es gibt viele andere Beispiele, die auf die akute Gefahr hinweisen. Ich nenne noch einmal das Beispiel Finanzmisere im Landkreis Nordsachsen. Denn hier hat erstmals ein Landkreis seine akuten Probleme für das nächste Jahr und die Folgejahre angemeldet. Aber das ist nicht der einzige Kreis, bei dem so ein Defizit schrittweise entsteht. Man kann auch bei anderen Landkreisen nachvollziehen, dass die Einnahmen akut zurückgehen.
Beim Landkreis Nordsachsen ist es nicht nur ein Problem, das sich von selbst entwickelt hat, sondern es sind politische Fehler gemacht worden, nämlich bei der Durchsetzung der Kreisreform 2008. Das sind Fehler, die man heute korrigieren muss. Man kann den Kreis nicht alleine dastehen lassen. Sie wissen, wovon ich rede: Zwei wirtschaftlich schwache Kreise wurden durch die Kreisgebietsreform mit großen Schuldenbergen vereint. Dazu kam eine Bürgschaft in Höhe von 21 Millionen Euro für die Sanierung der gescheiterten Sparkasse, die jetzt fällig wird. Na toll! Sinkende Steuereinnahmen bei gleichzeitig steigenden Sozialkosten verschärfen zusätzlich die Finanzsituation. Dann sagt auch noch Ihr CDU-Landrat Czupalla: „Das werden wir nicht allein schaffen. Das sage ich in aller Deutlichkeit.“
Ich als Kommunalpolitikerin finde die Reaktion seitens des Ministerpräsidenten Herrn Tillich sehr unangemessen und auch wenig hilfreich. Herr Tillich lehnte weitere Hilfen für den in Not geratenen Landkreis Nordsachsen rigide ab, obwohl Sie und Ihre Landesregierung die Mitverursacher dieser Finanzmisere vor Ort sind.
(Beifall bei der Linksfraktion)
Sie haben ohne Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger die Kreisgebietsreform 2008 durchgesetzt. Es gab viele Initiativen, die sich dabei einbringen wollten, aber nicht zugelassen wurden.
Es sind neue, wesentlich größere Kreise entstanden, mit größeren Aufgaben, Schulden und Problemen. Der Landkreis Nordsachsen ist nur ein Beispiel dafür, wie sich so ein Problem entwickelt. Nun können Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, die Verantwortung nicht den Landkreisen und Kommunen allein anlasten. Sie müssen jetzt schon im Sinne der Kommunen und der kommunalen Selbstverwaltung handeln. Dafür steht unser Antrag zu dem Konzept, das wir gemeinsam mit Ihnen erarbeiten wollen. Das ist unser Angebot.
Der Hilferuf der sächsischen Landkreise, Städte und Gemeinden sollte von uns gehört und dazu gemeinsam ein Handlungskonzept erarbeitet werden. Dazu reicht das Finanzausgleichsgesetz einfach nicht aus.
(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei der SPD)
Veröffentlicht unter Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag